Intelligente Körperwaagen

Nokia Body, Nokia Body+, Nokia Body Cardio
Bild: Nokia

Wenn es um Technik bzw. technische Neuerungen geht, kann man die Menschen im Grunde in zwei Kategorien einteilen. Es gibt jene, die eine kritische bis ablehnende Haltung einnehmen und jene, die technischen Neuerungen offen/interessiert bis enthusiastisch gegenüberstehen. Menschen, die sich in der ersten Kategorie wiederfinden, haben sich vielleicht schon mal so Sätze sagen hören wie: „Wozu brauche ich denn ein Handy/Smartphone?“ oder „Ich bin bisher auch immer gut ohne ausgekommen.“ Meist nutzen sie dann aber irgendwann doch die Geräte, die sie eigentlich nie gebraucht haben, wie selbstverständlich. Nur zeitlich eben etwas später als die Technikfreunde.

Nun würde ich mich selbst ohne jeden Zweifel der zweiten Kategorie zuordnen. Ich liebe technische Spielereien, intelligente Assistenten und smarte Gadgets. Sogenannte Smart Scales, also intelligente Körperwaagen, haben mich aber bisher dennoch nicht angesprochen. Bis vor Kurzem bediente ich mich einer uralten, analogen Personenwaage von Soehnle, wenn ich denn mal mein aktuelles Gewicht erfahren wollte. Warum mich die neuen smarten Waagen nicht ansprachen, lässt sich leicht erklären. Ein meiner Ansicht nach völlig unpassendes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Funktionsumfang von Smart Scales

Die Grundfunktion einer jeden smarten Körperwaage besteht natürlich in der Erfassung des Körpergewichts. Manche Modelle messen darüber hinaus Körperwerte wie Fett-, Muskel-, Wasseranteil und Knochenmasse. Einige Waagen berechnen außerdem den BMI (dazu muss die Körpergröße angegeben werden), können verschiedene Nutzer automatisch unterscheiden und sogar die Gewichtsentwicklung von Babys dokumentieren.

So weit, so gut. Die meisten der genannten Funktionen finden sich aber auch in klassischen Digitalwaagen, die es mitunter ab 15 Euro in jedem Drogeriemarkt zu kaufen gibt. Worin besteht also der Mehrwert von smarten Körperwaagen?

Der größte Vorteil der smarten Körperwaagen gegenüber Standardmodellen besteht sicherlich darin, dass Smart Scales die erfassten Messdaten automatisch via WLAN oder Bluetooth mit einer eigenen App synchronisieren. Auf diese Weise lässt sich der Gewichtsverlauf (und ggf. auch die Entwicklung weiterer Körperdaten) über beliebige Zeiträume verfolgen. Die dazugehörigen Apps bieten häufig gewisse Zusatzfunktionen, wie Programme zum Gewichtsmanagement, Tipps & Tricks zum Abnehmen, Baby- und Schwangerschaftsmodus usw.

In der Regel sind diese Apps auch kompatibel mit Apple Health, Google Fit und Samsung Health. Die erfassten Körpermesswerte können also auch mit diesen Plattformen und/oder anderen Fitness-Apps synchronisiert werden. Das hat z. B. den Vorteil, dass die Daten an zentraler Stelle gesammelt werden und auch der Kalorienverbrauch bei sportlichen Aktivitäten immer auf Basis des aktuellen Gewichts berechnet werden kann. Alternativ müsste man seine Messwerte immer manuell aktualisieren.

Messungenauigkeiten und Grenzen der Messverfahren

Eigentlich klingt das alles doch ziemlich gut, oder? Die Sache hat aber einen gravierenden Haken. Denn abgesehen von der reinen Gewichtsmessung, sind sämtliche andere Messwerte von Körperanalysewaagen (ob smart oder nicht) mit großer Vorsicht zu genießen.

So wird zur Analyse des Fett-, Muskel- und Wasseranteils ein schwacher elektrischer Impuls durch den Körper geschickt. Diese Methode ist sehr umstritten, da die Messwerte großen Schwankungen unterliegen können und generell nicht sehr präzise sind. Mediziner lehnen dieses Verfahren daher in der Regel ab. Außerdem stößt die Methode an eine Grenze, die von den Herstellern gerne verschwiegen wird.

Tatsächlich beziehen sich die Messwerte – in all ihrer soeben beschriebenen Ungenauigkeit – nämlich auch lediglich auf den Unterkörper bzw. die Beine! Der Stromimpuls dringt nicht bis in den Oberkörper vor. Wer sich also über einen vermeintlich niedrig Körperfettanteil freut, sollte sich bewusst sein, dass die eigentlichen Problemzonen (Bauch, Hüften und Po) bei der Analyse außen vor bleiben. Das hindert die Hersteller aber natürlich nicht daran, die Analysefunktion aggressiv zu bewerben.

Dreiste Werbelügen der Hersteller

Ein besonders dreister Versuch der Verbrauchertäuschung kommt vom finnischen Hersteller Nokia. In einem Werbespot für die Nokia Body+ Körperanalysewaage werden Körperwerte wie Muskel- und Fettanteil um menschliche Körperteile herum stilisiert, die in die Analyse überhaupt nicht einbezogen werden. So schlängeln sich eingeblendete Messwerte des Fettanteils um die Hüfte von Personen und der Muskelanteil erscheint auf einem angespannten Bizeps. Dem Verbraucher wird also suggeriert, dass die Waage in der Lage ist, den Körperfettanteil sowie den Muskelanteil des gesamten Körpers zu berechnen, was de facto einfach nicht stimmt.

Hohe Preise

Smarte Körperwaagen sind vor allem eines – teuer! Genau das ist meines Erachtens ihr größter Schwachpunkt. Die renommierten Hersteller verlangen für ihre smarten Waagen allesamt sehr hohe Preise. Die für ihre GPS-Uhren bekannten Hersteller Polar und Garmin sind seit ca. zwei Jahren in diesem Marktsegment vertreten, die UVP für die Polar Balance liegt laut amazon.de bei 99,90 Euro, für die Garmin Index wird sie gar mit 193,50 Euro angegeben. Beide Waagen sind mittlerweile zwar deutlich günstiger erhältlich, kosten aber noch immer ca. 78 Euro bzw. 130 Euro (Stand: 17. März 2018). Auch der Wearable-Spezialist Fitbit hat mit der Fitbit Aria 2 eine smarte Körperwaage im Programm. Hier liegt die UVP bei 129,95 Euro.

Pionier auf dem Gebiet der Smart Scales war aber der französische Hersteller Withings, der 2016 von Nokia übernommen wurde. Seit Mitte 2017 werden die Waagen nun ausschließlich unter dem Markennamen von Nokia vertrieben, auch wenn sie technisch z. T. noch identisch mit denen von Withings sind. Die Einsteigerwaage Nokia Body liegt preislich bei ca. 59 Euro, erfasst aber lediglich das Gewicht und berechnet den BMI. Die höheren Funktionsumfänge der Nokia Body+ sowie der Nokia Body Cardio schlagen preislich mit ca. 99 Euro bzw. ca. 179 Euro zu Buche (jeweils UVP des Herstellers).

Brauche ich eine smarte Körperwaage?

Die Unzulänglichkeiten von Körperanalysewaagen sind nun ausreichend erörtert worden und können im Grunde auch in sämtlichen Testberichten und Rezensionen nachgelesen werden. Wer wirklich wissen will, wie hoch z. B. sein Körperfettanteil ist, der ist bei einem Spezialisten oder beim Arzt seines Vertrauens sicherlich besser aufgehoben.

Bleibt die Frage, ob und für wen sich der Kauf einer smarten Körperwaage dennoch lohnt. Wer z. B. seine Gewichtsentwicklung überwachen und eine möglichst präzise Berechnung seines Kalorienverbrauchs haben möchte, kann mithilfe einer smarten Körperwaage durchaus einen Mehrwert erzielen. Wer kann sich schon ohne Notizen genau entsinnen, wie viel er vor drei Monaten gewogen hat? Auch die Gewichtsentwicklung von Babys lässt sich dank einer smarten Waage sicherlich komfortabler dokumentieren als mit klassischen Waagen.

Ich selbst habe mich vor einigen Monaten durch ein gutes Angebot am Black Friday locken lassen. Für welches Modell ich mich entschieden habe und warum ich nun doch zu einem Fan intelligenter Körperwaagen avanciert bin, erfahrt ihr in Kürze hier.

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