Nur eine Woche nach dem Alsterlauf, fand am vergangenen Wochenende das Airport Race statt. Und da ich noch immer in Hamburg weilte, musste ich über eine Teilnahme nicht lange nachdenken. Nun haben Laufveranstaltungen, die am Sonntagmorgen stattfinden aber leider einen gravierenden Nachteil. Was, wenn man am Samstag zuvor irgendwo versackt ist? Natürlich war das nicht geplant, aber meistens kommt eben doch immer alles anders als man denkt.
Mit ordentlich Alkohol im Blut und müden Augen, fand ich mich am Sonntagfrüh, so gegen 2 Uhr, in der Hamburger U-Bahn wieder. Und Hunger hatte ich auch noch. Da ich nach einer durchzechten Nacht am nächsten Morgen meist ohnehin nichts runterbekomme, bereitete ich mir noch in der Nacht eine ordentliche Portion Nudeln mit Pesto und Parmesan zu. Sozusagen zur Auffüllung der Kohlehydratspeicher vor dem Lauf. Möglicherweise war es aber auch einfach nur eine Schnapsidee.
Nach einer viel zu kurzen Nacht, entschloss ich mich spontan dazu, die acht Kilometer zum Airport mit dem Rad zu fahren. Quasi, um den letzten Rest Alkohol aus den Beinen zu strampeln, den Kreislauf anzukurbeln und vor allem wach zu werden. Zwei Espresso und ein Red Bull wollten mir dabei behilflich sein. Als mir dann am Lufthansa Sportgelände die ersten stützstrumpftragenden Teilnehmer bei ihrem Warm-up entgegen kamen, wurde mir endgültig klar, dass meine Art der Vorbereitung wohl nicht ganz so optimal war…
Wie beim Alsterlauf gab es auch hier Zielzeitzonen im Startbereich. Das ist allerdings irgendwie sinnentleert, wenn es sich dabei um vier je zwei Meter lange Zonen im Abstand von zehn Minuten handelt. Wie viele Läufer sollen da schon auf der Breite einer Aschenbahn Platz finden? So stand ich also inmitten eines riesigen Pulks weit hinter den Zonen und musste die Spielchen der „Stimmungskanone“ am Mikrofon über mich ergehen lassen. „Wer ist lauter? Liebes Publikum, lasst mal was hören… Und jetzt die Läufer… Ich kann euch nicht hööööören! Das geht doch noch lauter! Also nochmal… Und jetzt recken mal alle Läufer die Hände in die Luft…“
Ich glaube auf diese Spielchen hätte ich nicht einmal in der seligen Stimmung des Vorabends Lust gehabt. Ich dachte mir nur: „Jetzt zieh‘ einfach nur den Abzug und lass uns endlich das tun, wozu wir alle hier sind!“ Eine gefühlte Ewigkeit und einen Stromausfall später, ging es dann endlich los. Rund 25 Sekunden nach dem Startschuss, überquerte ich erst die Linie. Glücklicherweise war ich jedoch bereits nach zwei Kilometern aus dem Gröbsten raus. Und damit meine ich sowohl das Peleton, als auch mein anfängliches Unwohlsein. Auf einer langen Geraden passierte mich ein anderer Läufer, blickte immer wieder auffällig auf meine HuarachesTraditionelle mexikanische Sandalen aus präkulumbischer Zei... More, grinste schließlich und hob anerkennend den Daumen. Bis etwa Kilometer 11 blieben wir eng beieinander.
Dabei ging es durch ein Parkhaus, an den Terminals vorbei und dann parallel zur Landebahn 15/33 Richtung Norden. Absolutes Highlight des Rundkurses war der etwa einen Kilometer lange Krohnstiegtunnel, der unter der Landebahn 15/33 verläuft. Am Tunneleingang hing ein Transparent mit der Aufschrift „Run to the Beat“. Und kaum im Tunnel, durchdrangen auch schon die fetten Bässe den Körper. Am Tunnelende konnten sich die Läufer dann bei dem verantwortlichen DJ für diese tolle Aktion bedanken. Das war wirklich eine klasse Idee, die das Tunnelerlebnis definitiv zum Höhepunkt dieses Laufes machte.
Ãœber schmale Wald- und Radwege ging es dann bis an die Spitze der Landebahn 05/23, von wo aus 2008 der Beinahecrash der Lufthansa-Maschine gefilmt worden war und schließlich Richtung Start/Ziel am Lufthansa Sportgelände. Ich befand mich gerade auf den letzten vier Kilometern, als mich ein anderer Läufer von der Seite ansprach. „Born to RunBestseller-Buch des amerikanischen Journalisten Christopher ... More gelesen?“ Ich nickte, aber dieser Typ schien mich wirklich in ein Gespräch verwickeln zu wollen. Und das nach ca. 12 Kilometern und einer aktuellen PaceDie Pace ist der wichtigste Durchschnittswert im Laufsport u... More von rund 4:15 min/km. Das erschien mir so verrückt, dass ich mich bereitwillig darauf einließ. Zumal ich es hier mit einem echten Ultramarathoner zu tun hatte, wie mir sein Shirt verriet. Es entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch, das wir dann aber beschlossen doch besser erst im Ziel fortzusetzen.
Nach 1:09:04 (Nettozeit: 1:08:38) überquerte ich schließlich die Ziellinie. Und ehrlich gesagt, ging es mir dabei erstaunlich gut. Das hing vielleicht auch damit zusammen, dass ich unter meiner anvisierten Zielzeit von 70 Minuten bleiben konnte. Im Ziel traf ich dann den Ultrarunner wieder und wir setzten unser Gespräch bei isotonischen Getränken, Obst und alkoholfreiem Bier fort. Außerdem lernte ich auch noch einen weiteren Alsterläufer kennen.
Das Airport Race erinnerte mich wieder einmal daran, warum ich an Volksläufen mittlerweile einen echten Narren gefressen habe. Abgesehen von der sportlichen Herausforderung, den hervorragenden Bedingungen und den Zuschauern, sind es vor allem die anderen Läufer, die diese Veranstaltungen zu einem tollen Erlebnis machen. Ganz klar, ich werde dabei bleiben und das nächste Mal gehe ich dann auch wieder mit einer besseren Vorbereitung an den Start. Aber ganz sicher auch dann ohne diese neumodischen Stützstrümpfe…