Als ich vor ungefähr vier Wochen meine persönliche Bestzeit beim Lahntallauf um gut zwei Minuten verpasst hatte, war mein Ehrgeiz geweckt. Beim Paderborner Osterlauf trat ich daher mit dem klaren Ziel an, eine neue persönliche Bestzeit zu laufen und um es vorweg zu nehmen, es ist mir geglückt.
Dieses Mal war ich absolut pünktlich vor Ort, so dass ich mich vor dem Startschuss sogar noch gemütlich warmlaufen konnte. Zugegeben, das klingt schon irgendwie blöd, wenn man sich für einen Lauf über 21 Kilometer warmläuft, aber ich habe einfach festgestellt, dass es mir dann deutlich leichter fällt, vom Start weg ein hohes Tempo anzuschlagen.
Darüber hinaus hatte ich mich auch sehr weit vorne positioniert. Ich musste mich also nicht wieder durch ein großes Pulk nach vorne kämpfen. Im Gegenteil, dieses Mal war ich es offenbar, der zu weit vorne gestartet war. Zwar schob auch ich mich noch an ein paar anderen Läufern vorbei, wurde aber von einer deutlich größeren Anzahl an Läufern überholt. Ungläubig schaute ich auf meine Uhr. Ich lief eine PaceDie Pace ist der wichtigste Durchschnittswert im Laufsport u... More von 4:02 min/km. Dass ich bei so einem hohen Tempo von so vielen Läufern überholt werde, erschien mir irgendwie seltsam. Tatsächlich sollte es nur 49 Läufer insgesamt geben, die einen Schnitt von unter 4 min/km über die Gesamtdistanz schafften.
Natürlich war mir bewusst, dass auch ich das hohe Anfangstempo keinesfalls würde durchhalten können. Ich entschied mich daher, das Tempo etwas zu drosseln und mir dann einen Läufer in meiner Nähe zu suchen, an dessen Fersen ich mich heften kann. Da es auf manchen Streckenabschnitten sehr windig war, schloss ich sehr dicht zu meinem Vordermann auf. Zwar war der Gegenwind noch immer deutlich wahrnehmbar, aber nichtsdestotrotz konnte ich im Windschatten meines Vordermanns Kraft sparen.
Als dessen Kräfte nachzulassen schienen, beschleunigte ich kurz für ein paar Meter und heftete mich an die Fersen eines anderen Läufers. Der hatte aber offenbar so viele Fans am Streckenrand, dass er gleich zu Beginn der zweiten Runde völlig euphorisiert das Tempo verschärfte. Das konnte und wollte ich dann doch nicht auf Biegen und Brechen mitgehen. Daher hielt ich nach einem neuen Windschutz Ausschau. Die Suche gestaltete sich jetzt jedoch schon deutlich schwieriger, weil das Feld in diesem Abschnitt nicht mehr sehr dicht beieinander war.
Bereits nach wenigen Kilometern im Windschatten meines neuen Vordermanns, drehte sich dieser einige Male zu mir um. Ich weiß nicht, ob er genervt von mir war, dass ich in seinem Windschatten lief oder ob er das Tempo einfach nicht länger halten konnte. Jedenfalls zog er sehr deutlich zur Seite – obwohl die Straße sehr breit war und ich problemlos hätte vorbeiziehe können – wie ein Pacer, der nach getaner Arbeit aus dem Rennen scheidet. Das Problem war, dass die Lücke nach vorn ca. 100 Meter betrug und ich den Wind nun voll zu spüren bekam.
100 Meter mag vielleicht nicht nach einem großen Abstand klingen, wenn man aber mal bedenkt, dass man bei einer Pace von 4:15 min/km bereits 25,5 Sekunden benötigt, um 100 Meter zurückzulegen, dann kann man sich vielleicht besser vorstellen, wie viel Kraft es kostet, eine solche Lücke zuzulaufen. Rechnen kann ich bei einer solchen Anstrengung aber ohnehin nicht mehr, also entschied ich aus dem Bauch heraus, es zu versuchen. Gerade als ich den Versuch abbrechen wollte, bemerkte ich, dass sich der Abstand nun spürbar verringerte. Das war einem Anstieg geschuldet. Bald darauf konnte ich mich dann im Windschatten eines neuen Vordermannes wieder etwas ausruhen.
Doch nicht nur meine Kräfte ließen nach, auch die vieler anderer Läufer und so wurde mir ein Vordermann nach dem anderen zu langsam. Es blieb mir nichts anderes übrig, als wieder ein ganzes Stück alleine zu laufen. Jetzt war das Ziel aber schon nah und auf den letzten drei Kilometern konnte ich mir meiner Sache dann auch bereits sehr sicher sein. Mehrfach vernahm ich die Stimme der Runtastic App, die da sagte: „Your Opponent is falling behind“ (Warum die App nach der Neuinstallation auf Englisch eingestellt war, weiß ich auch nicht. Was es aber mit der hier beschriebenen Ghost-Run FunktionDie Ghost-Run Funktion ist ein Feature der Runtastic PRO App... More auf sich hat, erfahrt ihr durch Klicken des Links).
Als ich einige hundert Meter vor dem Ziel meine Eltern am Straßenrand erblickte, konnte ich mit dem Daumen nach oben bereits signalisieren, dass es für die persönliche Bestzeit reichen würde. Auf der Zielgeraden zog ich das Tempo dann noch einmal an und genoss es richtig, als ich nach 1:31:50 Stunden (Netto: 1:31:42 Stunden) die Matte überquerte. Ein geiles Gefühl, wenn die Bestmarke fällt und man dabei sogar noch lächeln kann.
Im Ziel ließ ich alle anderen Stände links liegen und steuerte schnurstracks auf den Krombacher Bierstand ganz am Ende des Zielbereichs zu. Nach so einem langen, anstrengenden Lauf gibt es doch nichts Schöneres, als ein erfrischendes Bier. Dort sprachen mich übrigens auch wieder einige Mitläufer auf meine Huaraches an. Die komplett kabellosen Ohrstöpsel schien dagegen niemand bemerkt zu haben oder man hielt sie schlichtweg nicht für interessant genug.
Unterm Strich war der 70. Paderborner Osterlauf für mich natürlich ein voller Erfolg. An dieser Stelle auch noch mal lieben Dank an meine Eltern für den Fahrdienst. So konnte ich mich wirklich auf das Wesentliche konzentrieren.