Endlich ist es soweit. Die langersehnten ersten komplett kabellosen Earpods (oder Ohrhörer) der Welt sind auf dem Markt. Es wurde aber auch Zeit! Im Februar 2014 hatte das Münchener Start-up Unternehmen Bragi eine Kampagne auf der Crowdfounding-Plattform Kickstarter gestartet und insgesamt rund 3,39 Millionen Dollar für die Realisierung des Projekts eingesammelt. Ursprünglich war die Auslieferung für den Oktober des gleichen Jahres geplant, doch aufgrund zahlreicher Komplikationen, verzögerte sie sich bis zum Februar 2016.
Technisch gesehen sind die Earpods von Bragi, die auf den etwas seltsamen Namen „The Dash“ hören, aber eine kleine Sensation. Beim Dash handelt es sich nämlich nicht bloß um die weltweit ersten kabellosen Earpods, sondern um smarte Earpods, die neben der Musikwiedergabe per Bluetooth auch das Tracking diverser Vitalwerte (wie Herz- und Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und Körpertemperatur) und Sportarten (Laufen, Radfahren, Schwimmen) beherrschen. So lautet zumindest das Produktversprechen von Bragi. Untereinander kommunizieren die beiden Earpods übrigens mit einer aus dem Bereich der Hörakustik bekannten Technik namens Near Field Magnetic Induction (NFMI).
Lieferumfang und Optik
Verpackung und Produktaufmachung von The Dash sind äußerst edel und erinnern an die Lifestyle-Produkte aus dem Hause Apple. Alles wirkt sehr hochwertig verarbeitet und sogar eine Schnellanleitung ist in Form eines Booklets in die Verpackung integriert. Das gefällt. Auch das Ladecase, das Saft für fünf komplette Ladungen für The Dash bereithält, macht Eindruck. Auffällig ist jedoch die Dicke des Ladecases. Es ist fast zweifingerbreit und damit eigentlich zu dick, um es ständig mit sich herumtragen zu können. Wenn man eine (Hand-)Tasche dabei hat oder eine dicke Jacke trägt, ist das Verstauen sicher kein Problem, für die Hosentasche ist es aber definitiv nicht geeignet.
Passform und Tragekomfort
Für den perfekten Sitz im Ohr sollen die zuvor erwähnten FitSleeves sorgen. Überzeugt hat mich dieses System aber ganz und gar nicht. Bei mir passten die Earpods mit allen Sleeves in die Ohren und fielen selbst beim Headbangen (Trockenübung ohne Metalmusik!) nicht heraus.
Anfangs begannen meine Ohren nach einer Weile des Tragens seltsam zu jucken. In den sozialen Netzwerken berichten auch andere Nutzer von diesem Phänomen. Da die FitSleeves sehr streng nach Farbe rochen und das Jucken nach mehrmaligem Tragen (sowie Abwaschen der Earpods und Sleeves) irgendwann verschwand, kann ich mir schon fast denken, was das Jucken verursacht haben könnte. Aber darüber will ich eigentlich gar nicht weiter nachdenken… Dermatologisch getestet wurden Plastik, Kleber und Silikon made in China aber wohl eher nicht.
An der Klangqualität änderte sich durch die verschiedenen Sleeves übrigens rein gar nichts. Das ist aber auch nicht weiter verwunderlich, da der entscheidende Part (die Eartips), der für die Abriegelung des Gehörgangs sorgen soll, bei allen Sleeves gleich groß ist. Für mich ist das völlig unverständlich. Zum Lieferumfang sämtlicher In-Ears, die ich je in Gebrauch hatte, gehörten immer auch unterschiedlich große Eartips. Die Isolierung des Gehörgangs ist bei In-Ears nämlich von elementarer Bedeutung, da nicht nur die passive Geräuschunterdrückung, sondern auch die Klangqualität der Earpods ganz wesentlich von dieser abhängig sind.
Klangqualität
Als ich mir The Dash erstmals in die Ohren steckte, fiel mir fast die Kinnlade runter, so geschockt war ich von dem unangenehmen weißen Rauschen. Es ist so dominant, dass es phasenweise selbst während der Musikwiedergabe noch hörbar ist, speziell in ruhigeren Liedern oder beim Ein- und Ausblenden von Songs. Auch von der Soundqualität war ich bitter enttäuscht. Ein durch und durch dünner Klang. Wenn meine Ohren nicht ohnehin schon gejuckt hätten, ich hätte sie mir wohl aus Verwunderung gerieben.
Klanglich liegen zwischen dem iSport Victory von Monster und The Dash Welten. Selbst mein Mpow Swift für schlappe 25 Euro klingt besser. Aber was will man auch von Earpods erwarten, die den Gehörgang nicht akkurat abdichten? Tatsächlich verbesserte sich das Klangbild von The Dash deutlich, als ich andere Eartips verwendete, die den Gehörgang vernünftig versiegelten. Mit dieser Wahrnehmung stehe ich auch keineswegs alleine da. Im Netz kursieren zahlreiche Tipps und Hacks, wie man sich Schaumstoff Ohrpolster passend für The Dash zurechtschneidet oder wie man mit Ohropax die Isolation der Standard-Sleeves optimiert. Die Soundqualität lässt sich dadurch spürbar verbessern. Von Earpods in dieser Preiskategorie hatte ich mir aber dennoch etwas mehr versprochen und ich hatte erst recht keine Ambitionen, mir vernünftige Eartips selber basteln zu müssen.
Bedienkonzept
Nachdem ich mir die Earpods in die Ohren gesteckt hatte, erklärte mir eine Stimme, wie ich The Dash mit meinem Smartphone koppeln kann. Nach einmaliger Verbindungsherstellung, verbindet sich The Dash zukünftig automatisch mit dem bekannten Gerät, sobald beide Earpods im Ohr sitzen. Sofern die Musikwiedergabe aktiv ist, stoppt diese unverzüglich, wenn man den rechten Earpod aus dem Ohr nimmt. Einen Ein-/Ausschalter sucht man vergeblich. The Dash erkennt automatisch, wenn es im Ohr sitzt und wird inaktiv, wenn man es herausnimmt. Das ist wirklich smart.
Beide Earpods sind darüber hinaus mit einem berührungssensitiven Bereich ausgestattet. Dieser reagiert auf Taps und Wischbewegungen. Die Steuerungsgesten werden durch akustisches Feedback bestätigt. Dabei ist der rechte Earpod für die Steuerung von Musik- und Telefonfunktion zuständig, während der linke Earpod die Steuerung von Aktivitäten und sonstigen Features übernimmt. Wischt man z. B. am linken Dash nach vorn, wird die Audio Transparency aktiviert (dazu später mehr). Ein Wischen nach hinten, deaktiviert die Funktion. Am rechten Dash lassen sich mittels Wischbewegungen die Lautstärke regeln und via Taps die Musikwiedergabe.
Anfangs ist die Bedienung etwas ungewohnt. Ich hatte mir einen kleinen Spiegel bereitgelegt, um meine Steuerimpulse auch visuell nachvollziehen zu können. Die Steuerbefehle gehen einem rasch in Fleisch und Blut über, dennoch gelingt es in der Praxis nicht immer, die gewünschte Reaktion vom Dash zu erhalten. Gerade in der Bewegung (z. B. beim Laufen oder Radfahren), wird ein Tap auch schnell mal als ein Wisch registriert oder statt eines Doppel-Taps (Titel überspringen), wird nur ein einfach Tap erfasst, der dann die Wiedergabe stoppt. Das kann mitunter etwas nervig sein.
Die Touch-Pads scheinen allgemein sehr empfindlich eingestellt zu sein. Einmal hat tatsächlich ein Regentropfen die Audio Transparency Funktion aktiviert. Auch der Kontakt mit Kleidung, z. B. einem Kragen, einer Kapuze oder einer Mütze, kann schon mal einen unbeabsichtigten Steuerbefehl auslösen. Eine weitere Form der Steuerung sind sogenannte Makros. Gegenwärtig können z. B. eingehende Anrufe durch ein Nicken oder Kopfschütteln angenommen respektive abgelehnt werden. Das funktioniert allerdings nicht immer zuverlässig. Außerdem muss die Funktion jedes Mal neu aktiviert werden, weil sich die App wirklich gar nichts merken kann (auch dazu später mehr).
Doch trotz einiger kleiner Unzulänglichkeiten, war ich unterm Strich mit der Bedienbarkeit sehr zufrieden. Einschränkend muss man allerdings anmerken, dass sowohl Sprachfeedback und Bedienungsanleitung, als auch der Support von Bragi ausschließlich in englischer Sprache verfügbar sind. Da nicht alle Funktionen intuitiv nutzbar sind und man spätestens für einen Reset oder ein Firmware-Update eine Anleitung benötigt, sind Englischkenntnisse hier zwingend erforderlich. Es wäre zu wünschen, dass sich dies spätestens mit dem Verkaufsstart von The Dash auf Amazon.de Ende April ändert.
Mikrofon
Erst durch ein Mikrofon werden Kopf- bzw. Ohrhörer zu einem richtig praktischen Gadget. Beim Dash wurde angeblich eine ganz besondere Art von Mikrofon verbaut. Eines, das beim Sprechen den Schall vom Ohrknochen abnehmen soll. Bragi verspricht, dass das Mikrofon daher keine Außengeräusche, sondern lediglich die klare Stimme aufnehmen würde. „The earbone microphone is not sensitive to background noise.“ Man stelle sich vor, was für eine Wohltat das für den Gesprächspartner sein muss. Wie oft habe ich meinen Bruder schon verflucht, weil er mich aus der U-Bahn oder auf dem Heimweg anrief und mir Bahn- oder Windgeräusche ins Ohr bissen?! Das Ohrknochenmikrofon wäre doch die Lösung, oder?
Nun, weder ich noch meine Gesprächspartner, konnten einen Unterschied zu einem gewöhnlichen Mikrofon ausmachen. „Du klingst irgendwie, als wärest du im Auto und das Telefon wäre dir unter den Sitz gerutscht“, urteilte meine Mutter. „Und jetzt habe ich gerade gar nicht verstanden, was du gesagt hast.“ Es sind also sowohl Gesprächsqualität, als auch Verbindungsaussetzer zu beklagen. Entgegen des Produktversprechens, nehmen Gesprächspartner sehr wohl sämtliche Hintergrundgeräusche wahr, sei es der laufende Fernseher oder ein Klimpern mit dem Schlüsselbund. So, so, Ohrknochenmikrofon also, hätten wir das auch mal getestet…
Health Tracking
Wie eingangs erwähnt, stecken in The Dash zahlreiche Sensoren zur Messung von diversen Vitalwerten. Stand jetzt ist aber lediglich die Herzfrequenzmessung verfügbar und selbst die funktioniert mehr schlecht als recht. Laut Bragi soll es möglich sein, das linke Dash (das für Tracking und Vitalwerte zuständig ist) mit Geräten und Apps zu verbinden, die Bluetooth Low EnergyBluetooth Low Energy (Bluetooth LE, BLE oder Bluetooth Smart... More beherrschen. Auch die Runtastic App kann sich auf diesem Wege mit diversen Geräten (Pulssensoren, Smartwatches) verbinden, unter iOS jedoch nicht mit The Dash.
Eine Verbindung zu Apple Health ist dagegen möglich. Nike+ Running kann wiederum Daten aus der Apple Health App auslesen und auf diese Weise konnte ich die vom Dash erfasste Herzfrequenz dann doch aufzeichnen. Die übermittelten Werte wichen aber derart stark von der Realität ab, dass man diese Variante definitiv verwerfen muss.
Eine andere Möglichkeit ist es, das Workout direkt vom Dash tracken zu lassen. Also das heißt, dass The Dash die Anzahl der Schritte und die Herzfrequenz erfasst und an die Bragi App sendet. Speichern kann die Bragi App die Daten allerdings nicht. Und die Distanz kann auch nicht gemessen werden. Aber immerhin kann man sich während des Laufens durch zweimaliges Tippen des linken Dashs, Schrittanzahl und aktuellen Puls ansagen lassen. Dieses Mal war die erfasste Herzfrequenz auch etwas akkurater, aber auch nicht wirklich brauchbar. Eben so, wie es bei optischen Sensoren nun einmal üblich ist. Da kann die erfasste Herzfrequenz manchmal ziemlich genau sein, in anderen Momenten kommt es dann aber auch gut und gerne mal zu Abweichungen von 15-20 Schlägen. Im besten Falle würde ich eine solche Erfassung als nutzlos beschreiben.
Audio Transparency
Bei der zuvor bereits mehrfach erwähnten Audio Transparency Funktion, werden Umgebungsgeräusche mittels Außenmikrofonen ans Ohr weitergeleitet. Auf diese Weise sollen wichtige Umgebungsgeräusche, die durch die passive Geräuschunterdrückung nicht mehr wahrnehmbar sind, wieder hörbar werden. In den Werbefilmchen wird diese Funktion beim Radfahren im Straßenverkehr beworben. Mit einem Wisch sind die Verkehrsteilnehmer hörbar und der Nutzer kann sicher durch den Verkehr manövrieren. Das klingt in der Theorie schon sehr cool und nützlich, hat mit der Praxis allerdings mal so gar nichts zu tun.
In der Praxis wird alles von Windgeräuschen überlagert. Dazu muss es noch nicht einmal sonderlich windig sein. Der Fahrtwind beim Radfahren ist dafür vollkommen ausreichend. Selbst beim Spazierengehen, habe ich die Audio Transparency bereits nach wenigen Metern wieder deaktiviert und ich war nicht mal in Chicago unterwegs.
Ok, vielleicht ist die Funktion ja in einem anderen Use Case sinnvoller. Ich bin beim Einkaufen. Bevor ich meine Waren auf das Kassenband lege, stoppe ich für gewöhnlich die Musikwiedergabe und ziehe den Bügel meines Kopfhörers in den Nacken. Ich finde das einfach höflicher und so kann ich auch mit dem Kassenpersonal kommunizieren. Doch was macht man mit so kleinen Earpods? Soll ich die erst aus den Ohren nehmen, irgendwo in die Tasche stecken und anschließend wieder reinfriemeln? Viel zu kompliziert! Mit einem Wisch schalte ich auf Audio Transparency und höre jedes Wort. Dachte ich jedenfalls. Wenn ganz hinten im Laden eine Stecknadel fällt, dann könnte ich das vermutlich hören, die Worte der Kassiererin direkt vor mir, verstehe ich aber nicht klar und deutlich.
Ganz extrem ist mir das beim Osterlauf in Paderborn aufgefallen. Im Vorfeld und im Anschluss an den Lauf wurde ich von mehreren Läufern auf meine HuarachesTraditionelle mexikanische Sandalen aus präkulumbischer Zei... More angesprochen. An den kabellosen Ohrknöpfen zeigte dagegen niemand Interesse. Mit The Dash in den Ohren, empfand ich die Kommunikation aber als sehr schwierig. Bei längeren Gesprächen nahm ich die Earpods schließlich sogar aus dem Ohr. Einerseits war es nicht einfach, meine Gesprächspartner deutlich zu verstehen, andererseits hört man sich selbst nur sehr dumpf, was irgendwie unangenehm unnatürlich ist. Darüber hinaus hatte ich auch den Eindruck, dass die Geräusche beim linken Dash deutlich lauter wiedergegeben werden als beim rechten.
Die Funktion mag ja durchaus Potential haben und kann sicherlich durch Feintuning noch erheblich verbessert werden, gegenwärtig ist sie jedoch sehr entbehrlich. Doch ob Windgeräusche überhaupt zuverlässig rausgefiltert werden könnten, wage ich dann doch eher zu bezweifeln.
Bluetooth-Reichweite
Ich habe wirklich an einen Aprilscherz geglaubt, als Bragi bei Beschwerden über die schlechte Bluetooth-Verbindung auf eine Skizze zur Empfangsoptimierung verwies. Mir sind noch nie Bluetooth-Geräte untergekommen, denen eine Skizze für den Empfang beilag. In der Regel wird die Reichweite für Bluetooth-Verbindungen schlicht in Metern angegeben. Nicht so bei The Dash.
Es ist leider traurige Realität, wenn ich sage, dass The Dash nicht so nutzbar ist, wie man es sich als Anwender wünschen würde. Solange man sich in geschlossenen Räumen bewegt, ist eigentlich noch alles in Ordnung (das Bluetooth-Signal kann dann von den Wänden reflektiert werden). Aber sobald man vor die Tür geht, sollte das Bluetooth-Gerät bestenfalls Sichtkontakt zum rechten Dash haben.
In der Regel trage ich mein iPhone in der rechten vorderen Hosentasche. Selbst beim ganz normalen Spazierengehen, kam es zu unzähligen Verbindungsabbrüchen. Wenn man den Kopf dreht, sind diese sogar vorprogrammiert. Es endete damit, dass ich statt des Kopfes, meinen ganzen Körper drehte, um nach rechts oder links schauen zu können. Zur Vermeidung von Aussetzern in der Musikwiedergabe, bewegte ich mich, als wenn ich einen steifen Nacken hätte. Freiheit von Kabeln hatte ich mir irgendwie angenehmer vorgestellt.
Noch schlimmer wurde es beim Radfahren. Ich weiß nicht, ob es am Fahrtwind oder der Beinhaltung lag, aber die Verbindungsabbrüche häuften sich im Vergleich zum Gehen sogar noch einmal dramatisch. Es war einfach unerträglich. An der ersten Ampel beendete ich das Experiment frustriert und schaltete auf den internen Player um. Ja, The Dash kann auch Musik von einem interner Speicher abspielen, doch dazu später mehr.
Natürlich wollte ich The Dash auch noch beim Laufen ausprobieren. Wie die meisten Rechtshänder, trage ich das Smartphone beim Laufen in einer Armtasche am linken Oberarm. Das hat den einfachen Grund, dass ich so den Verschluss des Armbands mit meiner dominanten Hand betätigen und ggf. auch das Smartphone bedienen kann. Aus diesem Grund tragen Rechtshänder in der Regel ja auch ihre Uhr am linken Handgelenk.
Wenn man mit The Dash unterwegs ist, bleibt einem aber gar nichts anderes übrig, als mit dieser Gewohnheit zu brechen. Die Empfangsqualität am linken Oberarm ist noch schlechter als in der rechten Hosentasche. Das macht einfach keinen Spaß. Am rechten Oberarm musste ich dankenswerterweise aber keinen einzigen Verbindungsabbruch mehr hinnehmen. Es ist jedoch schon schlimm genug, dass ich mir überhaupt darüber Gedanken machen muss, wo ich mein Smartphone am besten platziere, um möglichst störungsfrei Musik streamen zu können.
Ach so, witzigerweise leidet das linke Dash, das Tracking-Infos via Bluetooth Low Energy ans Smartphone sendet, unter der selben Verbindungsschwäche. Es konnte die Verbindung zum iPhone nämlich nicht aufrecht erhalten, als ich dieses am rechten Arm trug. Da muss man sich wohl entscheiden, welche Verbindung einem wichtiger ist. Die vom linken oder die vom rechten Dash…
Interner Musikplayer
Ich habe mich von Beginn an gefragt, wozu ein interner Speicher von 4 GB überhaupt gut sein soll. Schon klar, um Musikdateien abspeichern zu können. Aber warum sollte man das wollen? Doch anscheinend lassen manche Leute das Smartphone beim Sport gerne zu Hause und freuen sich, wenn sie nur diese kleinen Earpods benötigen, um Musik hören zu können.
Ich persönlich halte das aus diversen Gründen jedoch für unpraktisch. Auch The Dash verliert ohne Verbindung zum Smartphone zwei seiner wichtigsten Funktionen. Zum einen fällt die Kommunikation flach, zum anderen können Workouts nicht mehr vernünftig getrackt werden, da das Dash für die Distanz- und Geschwindigkeitserfassung das GPS-Signal des Smartphones benötigte (so es diese Funktion denn irgendwann mal geben sollte).
Darüber hinaus kann man auf dem Dash natürlich nur Musiktitel ablegen, die man auch besitzt. Im Zeitalter von Streamingdiensten ist das jedoch nicht mehr die Regel, sondern eher die Ausnahme. Zwar kann man als Premium-Nutzer Musik auch speichern, dies ist aber auf legalem Wege nicht außerhalb der entsprechenden App möglich. Kurzum, Musik via USB auf ein Speichermedium zu übertragen, ist nicht gerade zeitgemäß.
Der Zugriff auf den internen Speicher ist übrigens nur ohne aktive Bluetooth-Verbindung möglich. Sobald sich das Smartphone in Reichweite zum Dash befindet und sich mit diesem verbindet, stoppt augenblicklich die Wiedergabe des internen Players. Ist das rechte Dash bereits mit dem Smartphone verbunden, lässt sich nur Musik vom Smartphone abspielen.
Das Beste kommt aber noch. Nun hat man sich die Mühe gemacht, den internen Speicher mit alter Musik zu füllen, die man sich irgendwann mal gekauft oder auf anderem Wege beschafft hat. Die Musikdateien können dabei in vier verschiedenen Playlists ablegt werden. Aber nun kann die Musik ausschließlich in alphabetischer Reihenfolge wiedergegeben werden. Das ist kein Witz, es existiert zur Zeit wirklich kein Shuffle-Modus. Wer also 20 Titel eines Interpreten in einer Playlist hat, muss alle 20 Songs der Reihe nach hören, ehe auch nur ein einziger Song eines anderen Interpreten gespielt wird. Da kommen doch direkt nostalgische Gefühle auf und man fühlt sich an die gute alte Schallplatte oder zumindest den Walkman erinnert. Ach, was waren das noch Zeiten…
Vermutlich wird die Shuffle-Funktion wohl mit einem zukünftigen Update nachgeliefert werden, aber es ist schon irgendwie bezeichnend, dass eine so selbstverständliche Funktion nicht von Beginn an verfügbar ist.
Bragi App
Was wäre ein smartes Gadget nur ohne zugehörige App? Im Falle von The Dash ist man geneigt zu sagen, es wäre keinen Deut schlechter. Denn die Bragi App kann quasi nichts. Sie ist wirklich ein schlechter Witz und in meinen Augen geradezu eine Bankrotterklärung der Entwickler. Man muss sich das mal vorstellen, in zwei Jahren Entwicklungszeit, hat es Bragi nicht geschafft, Aktivitäten zumindest mittels GPS-Signal des Smartphones tracken zu lassen, sodass beim Laufen oder Radfahren wenigstens Distanz, PaceDie Pace ist der wichtigste Durchschnittswert im Laufsport u... More und Geschwindigkeit erfasst werden können. Was für eine Art Tracking soll das überhaupt sein, das ohne diese Daten auskommt?
Jede x-beliebige in den Appstores verfügbare Laufapp ist dazu in der Lage, aber Bragi schafft es nicht, dies in zwei Jahren Entwicklungszeit zu realisieren? Noch unfassbarer aber ist die Tatsache, dass die App alles wieder vergisst und absolut gar nichts speichern kann. Wenn man ein Workout am linken Dash gestartet hat, so werden die gezählten Schritte und die aktuell erfasste Herzfrequenz auf dem Display angezeigt, sobald man das Workout aber beendet, verschwinden alle Daten unwiederbringlich aus der App. Man soll ja im Hier und Jetzt leben, aber das ist mir dann doch etwas zu kurz gedacht.
Batterielaufzeit
Bragi verspricht eine Batterielaufzeit von ca. drei Stunden. Das ist tatsächlich mal ein Versprechen, was The Dash halten kann. Dies ist aber vielleicht auch nicht so verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sich die ganzen Sensoren bisher ja mehr oder minder im Schlafmodus befinden. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden meldet sich eine Stimme und warnt vor einem niedrigen Batteriestatus. Dies wiederholt sich dann im 10-Minuten-Takt, bis nach etwa drei Stunden und sechs Minuten die letzte Warnung kommt und das Dash kurz darauf in den Ruhemodus schaltet.
Der Batteriestand von The Dash ist beim iPhone weder in der Statusleiste, noch in der Bragi App einsehbar. Er wird lediglich beim Schütteln der Earpods oder beim Einlegen ins Ladecase durch ein farbliches LED-Licht (Rot, Gelb, Grün, Blau) angezeigt. Das vollständige Aufladen soll angeblich in unter einer Stunde erfolgen, dauerte bei mir im zweimaligen Test aber gute zwei Stunden.
Doch auch wenn Bragi mit der Batterielaufzeit tatsächlich mal ein Versprechen halten kann, drei Stunden sind schon reichlich knapp bemessen. Ich könnte in der Zeit nicht einmal einen Marathon bewältigen. Darüber hinaus sollte man die Tiefenentladung der Batterie ohnehin vermeiden. Da mutet es fast schon etwas ironisch an, dass Bragi eine Triathletin als Testimonial verpflichtet hat.
Fazit
Ich war von den Produktversprechen von Bragi von Anfang an begeistert und sehnte den Marktstart von The Dash bereits seit März 2014 herbei. Aber schon damals hatte ich meine Zweifel an der Realisierbarkeit. Wenn das alles machbar wäre, was Bragi verspricht, warum braucht es dann ein Start-up, um es zur Marktreife zu bringen? Warum haben selbst renommierte Hersteller wie Bose, Sennheiser, Monster, Beats, Jabra und wie sie alle heißen bisher nicht einmal kabellose Earpods im Sortiment? Warum bringen sich Google, Apple und Co. nicht in Stellung, wenn es um das Erfassen von biometrischen Daten im Ohr geht?
Nun, wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es meistens auch nicht wahr. Und genau das ist bei The Dash der Fall. Bragi versprach uns eine Sintflut, tritt mit The Dash aber eher in eine Pfütze. Nicht nur, dass sich die Auslieferung um 16 Monate verzögerte, das Produkt ist trotz der mehr als doppelt so langen Entwicklungszeit noch immer nicht ausgereift. In den sozialen Netzwerken bezeichnen viele User The Dash als „half baked“ oder „beta version“. Zwar gibt es durchaus auch sehr positive Kritiken, diese lassen die eklatanten Mängel, wie Defizite bei den Eartips, der Soundqualität und dem Bluetooth-Signal, aber gerne unerwähnt.
Dabei könnte es doch so schön sein. Es ist nämlich eine überragende Nutzererfahrung, Musik komplett kabellos genießen zu können. Da würde ich es dem Produkt sogar verzeihen, dass die ganzen Tracking-Funktionen von Trainings und Vitalwerten (noch) nicht funktionieren, aber The Dash scheitert leider schon an der Musikwiedergabe. Ja, ja, das geht schon, aber dazu müsste ich das Smartphone permanent über der Hüftlinie auf der rechten Körperseite tragen, am besten mit Sichtkontakt zum rechten Dash. So nach dem Motto: „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen…“. Hört mir doch auf!
The Dash wird von Bragi als persönlicher Assistent angepriesen, doch anstatt dass es auf meine Bedürfnisse eingeht, muss ich auf die Seinen eingehen und darüber hinaus auch noch all seine Zicken ertragen. Einmal hat es Schweiß abbekommen und stellte einfach die Tonwiedergabe ein. Auch direktes Sonnenlicht ist dem Dash nicht genehm. Dann streikt es eben. Das ist kein Assistent, das ist ein verzogenes Blag.
Man möge es mir nachsehen, dass ich mich hier so in Rage schreibe, aber wenn man nach so einer langen Zeit des Wartens, vollmundigen Versprechen, unglaublichen Pannen im Bestell- und Lieferprozess sowie zahlreichen fadenscheinigen Erklärungen („Der Start der Auslieferung verzögert sich um einen Monat, weil wir so viele Bestellungen bekommen haben.“) dann ein Produkt erhält, das nicht mal ansatzweise die beworbenen Funktionen beherrscht, dann kann einen das schon mal aufregen.
Bragi macht es dem Kunden aber auch wirklich nicht leicht, sie und das Produkt zu lieben. Es würde schlicht den Rahmen sprengen, wenn ich die ganzen Chosen hier thematisieren wollte. Nur so viel, selbst der Auslieferungsprozess geriet zu einer peinlichen Farce. Statt wie versprochen nach dem Warteschlangenprinzip „First In – First Out“ (FIFO) zu verfahren, wurden zeitweise zuletzt aufgegebene Bestellungen als Erstes verschickt (LIFO). Das stieß bei den meisten Kunden natürlich auf wenig Gegenliebe.
Für mich ist The Dash so etwas wie der einzige Zehnkämpfer im Feld. Es kann von allem so ein bisschen, hat aber in keiner Disziplin eine Chance gegen die jeweilige Konkurrenz. Mir wäre es lieber gewesen, Bragi hätte auf den ganzen unnötigen und nutzlosen Kram, wie den interner Speicher und die Sensoren verzichtet und stattdessen leistungsstärkere Bluetooth-Antennen und Akkus verbaut.
Sicherlich wird Bragi durch Software-Updates noch einiges optimieren können, ob dadurch jedoch die Qualität und Stabilität des Bluetooth-Signals verbessert werden kann, dürfte zumindest zweifelhaft sein. Damit steht und fällt aber irgendwo die Gesamtbewertung des Produkts. Ende des Monats wird The Dash bei Amazon.de erhältlich sein. Amazon ist für seine besonders kulante Reklamationspolitik bekannt und würde sicher keinem Kunden eine Kostenerstattung verwehren, der sich über die Bluetooth-Aussetzer von The Dash beschwerte. Aufgrund der Länge der Mängelliste, dürfte da einiges auf den Kundenservice zukommen.
Die Bragi Konkurrenz steht derweil schon in den Startlöchern. Kanao und Truebuds sind nur zwei weitere Crowdfunding-Projekte, die kabelloses Musikstreaming versprechen und auch Apple bzw. Beats werden Gerüchten zufolge wohl im Herbst kabellose Earpods präsentieren. Stand jetzt würde ich The Dash jedenfalls nicht noch einmal kaufen. Optik, Verarbeitung und Bedienkonzept gefallen durchaus, in allen anderen Disziplinen enttäuscht The Dash aber. Der Preis von 300 Euro ist für den gegenwärtigen Funktions- und Leistungsumfang vollkommen überzogen. Daher lautet meine Empfehlung ganz klar: Finger weg!
Produkttyp | Wireless Smart Earbuds |
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Konnektivität | Bluetooth 4.0 & Bluetooth Low Energy |
Ausstattung | Ohrknochen-Mikrofon, Touch-Controls, 4 GB Speicher, diverse Sensoren, 4 Paar Silikonsleeves, Ladecase, USB-Ladekabel |
Preis | 299 Euro (Stand: August 2016) |
Pros
- Optik
- Verarbeitung
- Bedienkonzept
- Tragekomfort
- komplett kabellos
Cons
- schlechte Isolation durch FitSleeves
- hohes Grundrauschen (White Noise)
- dünner Klang
- unterirdische Bluetooth-Reichweite
- Mikrofonqualität
- Audio Transparency ist verbesserungswürdig
- miserable App
- inakkurate Pulsmessung
- etliche angepriesene Funktionen sind (noch) nicht verfügbar
- schlechter und langsamer Hersteller-Support
- miserables Preis-Leistungs-Verhältnis
Gesamtnote
4,0
*Â Da der Hersteller verspricht, das Produkt stetig durch Softwareupdates zu verbessern und weiterzuentwickeln, ist es wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich meine Bewertung auf die Firmware Version 1.3 bezieht.
Hi. Ich stimme Dir bei vielem zu The Dash zu. Ich bin auch enttäuscht. Ich habe eine Polar M400 und wollte mit diesen Dingern eigentlich den H7 Gurt bei den langen Läufen (wo es nicht auf jeden Herzschlag ankommt) verwenden. Eine Kopplung vom BLE Signal mit der Polar Uhr ist aber nicht möglich. (oder?).
Den internen Musikplayer finde ich eigentlich ganz gut. Ich geh oft schwimmen und die Bahnen zählen. Da hilft die Musik. Aber ja, ich hatte mir auch mehr erwartet.
Erstaunlich ist die Passform, die wirklich gut ist.
Soweit ich weiß, kann man die Messdaten wenn überhaupt nur an gewisse Apps übertragen. Für mich ist The Dash einfach nur ein total gescheitertes Produkt. Und gerade im Bereich der Sensortechnik wurde bis heute nur ein Bruchteil dessen realisiert, was ursprünglich versprochen wurde. The Headphone ist für mich das, was The Dash hätte sein sollen. Nämlich einfach nur gute, zuverlässige Earbuds. Das reicht für’s Erste. Dazu kommt bald ein vollständiges Review.