19. Marburger Nachtmarathon 2016

Alle Jahre wieder steht der Marburger Nachtmarathon Anfang Juli im Kalender und jedes Mal warte ich bis zur letzten Minute, um mich dann doch für die Halbmarathondistanz anzumelden. Und jedes Mal frage ich mich im Nachhinein (manchmal sogar schon währenddessen), warum ich mir das eigentlich antue. Den Lauf als solchen finde ich nicht sonderlich attraktiv und zu dieser Jahreszeit befinde ich mich auch selten in körperlicher Bestform. Bestzeiten sind für mich daher ohnehin nicht drin. Letztendlich gehe ich wohl nur wegen der Kollegen vom Lauftreff an den Start.

Immerhin war es dieses Mal nicht so brutal heiß wie im vorigen Jahr und es kam auch zu keiner Überschneidung mit einem Turnier-Spiel der deutschen Nationalmannschaft, wie es 2014 der Fall war, als zeitgleich mit dem Nachtmarathon das WM-Viertelfinale Deutschland gegen Frankreich stieg. Dafür stand der Veranstalter dieses Jahr vor einer großen logistischen Herausforderung, da aufgrund einer Verunreinigung des Trinkwassers mit Kolibakterien kurzfristig hunderte Liter Mineralwasser organisiert werden mussten.

Wie bereits erwähnt, wäre ich physisch nicht dazu in der Lage gewesen, eine neue persönliche Bestzeit zu laufen. Daran vermochten auch die perfekten äußeren Bedingungen nichts zu ändern. Darum peilte ich eine Zielzeit von 1:35 Stunden an, was einer Pace von 4:30 min/km entspricht. Erstmals ging ich übrigens bei einem Volkslauf ohne Smartphone und damit auch ohne Musik in den Ohren an den Start. Zur Überprüfung der Pace ist eine GPS-Sportuhr ohnehin deutlich besser geeignet und ich wollte auch einfach mal meine Umgebung mit allen Sinnen erfassen.

Ebenfalls zum ersten Mal trug ich meine selbstgebauten Huaraches bei einem offiziellen Lauf. Die üblichen dummen Sprüche am Start („Hast du deine Schuhe vergessen?“) blieben da natürlich nicht aus, nur leider konnte ich dieses Mal nicht so tun, als würde ich sie wegen meiner Ohrstöpsel überhören. Erfreut war ich aber darüber, Deniz zu treffen. Leider kam es dieses Mal jedoch nicht zu einem gemeinsamen Zielfoto, da Deniz über die Marathondistanz an den Start ging. Darum möchte ich auf diesem Wege zum ersten gefinishten Marathon gratulieren. Tolle Leistung, Deniz!

Wie immer ging es vom Marktplatz aus über das Kopfsteinpflaster der schmalen Barfüßerstraße hinunter zur Universitätsstraße. Dort stehen auch die meisten Zuschauer, was schon ungemein beflügelt. Es folgen allerdings knapp acht Kilometer durch nahezu menschenleere Straßen und über den komplett zuschauerbefreiten Lahntalradweg. Erst auf Höhe der Mensa beginnt wieder ein kurzer Streckenabschnitt, der von Menschen gesäumt ist. Die restlichen zehn Kilometer sind dann wieder ziemlich einsam. Beim Marathonlauf muss man diesen letzten Abschnitt übrigens gleich drei Mal durchlaufen. Das blieb mir glücklicherweise erspart.

Nach etwa 15 Kilometern verspürte ich plötzlich ein Stechen in meiner Brust. Es war keineswegs so, dass ich komplett an meine Grenze gegangen wäre und so warf ich einen prüfenden Blick auf meine Herzfrequenz. Sie lag bei etwa 177, was doch schon ziemlich grenzwertig ist. Ich beschloss also, das Tempo kurzfristig drastisch zu drosseln und auf diese Weise zu versuchen, die Herzstiche loszuwerden. Es klappte, auch wenn es mich doch etwas wurmte, dass ich einige Läufer passieren lassen musste. Immerhin fühlte ich mich konditionell eigentlich noch ganz gut.

Nach der kurzen Verschnaufpause auf Kilometer 16, konnte ich das Tempo dann glücklicherweise wieder etwas anziehen. Aber nichtsdestotrotz ziehen sich diese letzten fünf Kilometer bis ins Ziel wie Kaugummi. Vor mir sah ich, wie ein Läufer irgendetwas in den Graben warf. „Was für ein Asi?!“, dachte ich. Wenn er seinen Müll schon nicht in der Nähe der Verpflegungsstationen entsorgen kann, hätte er ihn doch wohl wenigstens einfach auf den Weg fallen lassen können. Dann hätten die Organisatoren jedenfalls die Möglichkeit gehabt, ihn später aufzusammeln. Aber ihn einfach so achtlos in den Graben zu werfen, wo ihn nie jemand finden wird, das ist schon ziemlich asi.

Die Ziellinie rückte nun immer näher und auch wenn in meinen Ohren keine Musik spielte, so hatte ich jetzt doch eine Melodie auf den Lippen. Vielleicht auch aus Langeweile. Im Unistadion erblickte ich dann Mike, der mich auf meinen letzten Metern lautstark anfeuerte. Mike schaffte es übrigens in der sensationellen Zeit von 1:26:42 Stunden ins Ziel. Gerne hätte ich mit ihm eine Zeit von 1:30 Stunden angepeilt, aber bei seiner tatsächlichen Pace von 4:07 min/km hätte ich wohl selbst in besserer Verfassung nicht allzu lange mithalten können.

mr_nachtmarathon_2016_01

Ich überquerte die Linie schließlich nach 1:35:21 Stunden (Netto: 1:35:07). Das war für mich an diesem Abend schon ganz okay, auch wenn ohne die Herzstiche vielleicht noch etwas mehr drin gewesen wäre. Viel ärgerlicher ist aber diese miese Verpflegung im Ziel. Wasser (dieses Mal aufgrund der besonderen Umstände immerhin Mineralwasser) sowie eine ekelige rosa Flüssigkeit, die als Isodrink deklariert wurde und das war es dann auch schon. In einem Zeitfenster von vielleicht sieben Minuten gab es auch mal ein paar Becher Cola, wobei aber nie mehr als etwa zehn Becher gleichzeitig auf dem Tisch standen.

Als kurze Zeit später ein Laufkollege nachfragte, sagte man ihm, die Cola wäre bereits ausgegangen. Wahrscheinlich wurde sie wohl nur rationiert, aber das ist in meinen Augen einfach nur ein Unding. Es ist schon schlimm genug, dass zur Zielverpflegung weder Obst, noch Kekse, geschweige denn alkoholfreies Bier zählen, wenn es dann aber nicht einmal ausreichend Cola gibt, dann beginnt diese Armut mich allmählich anzukotzen. Ich habe auf den 21 Kilometern nicht einen einzigen Schluck getrunken, da ist es doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn man im Ziel mal ein paar Becher Cola trinken möchte, oder etwa doch?

Es ist wie erwähnt immer schön, jedes Jahr einige bekannte Gesichter wiederzusehen, aber weder ist die Strecke sonderlich attraktiv (da gibt es definitiv schönere Strecken), noch kann man von einer tollen Atmosphäre oder auch nur von einer vernünftigen Zielverpflegung sprechen. Ich hoffe, im nächsten Jahr erinnere ich mich daran und melde mich dann nicht doch wieder auf den letzten Drücker an…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert