Im Test: Cosinuss One Herzfrequenz-Sensor

Cosinuss One

Lange waren Brustgurte zur Messung der Herzfrequenz beim Sport das Nonplusultra. Sensoren wie der H7 von Polar messen die Herzfrequenz mittels Elektroden EKG-genau. Die größte Schwäche dieser Brustgurte ist aber der geringe Tragekomfort. Insbesondere Frauen fällt es oft schwer, einen komfortablen Sitz des Brustgurtes zu erreichen und auch ich habe schon einige schmerzhafte Erfahrungen mit meinem Brustgurt gemacht.

Abhilfe versprechen neue Sensoren, die die Herzfrequenz mittels LEDs und Photodiode anhand des Blutflusses berechnen. Diese optischen Sensoren kommen mittlerweile in vielen Activity Trackern und Smartwatches zum Einsatz. Neben dem Handgelenk, bietet sich auch das Ohr zur Messung der Herzfrequenz an. Diesen Ansatz verfolgt z. B. The Dash von Bragi.

Auch das ebenfalls in München beheimatete Unternehmen Cosinuss, hat mit dem One ein Wearable für das Ohr entwickelt. Im Gegensatz zu The Dash handelt es sich beim One aber um ein Gadget, das einzig und allein der Überwachung von Vitalparametern dient. Genauer gesagt, ist der One in der Lage, die Herzfrequenz und die Körpertemperatur des Trägers zu messen und diese Informationen per Bluetooth Smart an ein Empfangsgerät zu senden.

Cosinuss One Sensor Lieferumfang

Funktionsweise

Der Cosinuss One wird einfach auf die Ohrmuschel geschoben und der Sensorkopf dann in den Gehörgang gedreht. Über die hauseigene App lässt sich der One bequem mit dem Smartphone verbinden. Anschließend können Sitz bzw. Signalqualität über eine Balkenanzeige überprüft werden.

Das stellte sich in meinem Fall jedoch als ein wenig kompliziert heraus. So kam es durchaus häufiger vor, dass die Signalqualität zunächst als perfekt angezeigt wurde, nur um Sekunden später dann ohne erkennbaren Grund komplett abzufallen.

Im Austausch mit dem sehr freundlichen Support, ließ sich mein sehr niedriger Ruhepuls als wahrscheinlichste Ursache für dieses Problem ausmachen. In dem Bereich von 40 – 50 Herzschlägen hat der One offenbar Probleme, tatsächliche Herzschläge vom sogenannten Grundrauschen zu unterscheiden.

Ein- und Ausschalten lässt sich der One übrigens durch Doppel-Taps auf die USB-Buchse. In der Praxis trieb mich das regelmäßig zur Verzweiflung. Je öfter ich die Sensoren benutzte, desto schlechter schienen sie auf meine Taps zu reagieren. Zum Ausschalten benötigte ich am Ende teilweise 30 – 50 Versuche, was natürlich extrem frustrierend war. Hier wäre ein klassischer Knopf/Schalter sicherlich die einfachere und verlässlichere Alternative.

Cosinuss One App Screenshots

Passform und Tragekomfort

Der One ist in drei verschiedenen Größen (S, M, L) erhältlich. Dabei variiert lediglich die Größe des Sensorkopfes. Cosinuss hat eine Größentabelle entwickelt, mittels derer sich die passende Größe anhand von Geschlecht, Körpergröße und Alter bestimmen lassen soll. Sollte das bestellte Exemplar dennoch nicht passen, kann man sich an den Support wenden, der den Sensor dann anstandslos umtauscht.

Ich persönlich hatte meine liebe Mühe bei der Bestimmung der passenden Größe. Die App attestierte mir sowohl bei Größe S als auch bei Größe M eine optimale Signalqualität. Vom Gefühl her tendierte ich eher zur größeren Größe und auch die anschließende Auswertung meiner Testläufe, bestätigte mich in diesem Urteil.

Der Tragekomfort des One ist aber in jeder Größe hoch. Aufgrund des geringen Gewichts (6 Gramm) vergisst man bald, dass man ihn überhaupt trägt.

Cosinuss One getragen

Messgenauigkeit

Da die Körpertemperatur gegenwärtig ausschließlich von der hauseigenen App erfasst und aufgezeichnet werden kann, absolvierte ich meinen ersten Testlauf mit der Cosinuss One App. Wie sich herausstellte, ist die Messung der Körpertemperatur im Freien nicht zu gebrauchen. Die Luftzirkulation beim Laufen reicht bereits aus, um den Temperatursensor entscheidend zu stören. Jedenfalls fiel die erfasste Körpertemperatur während meines Testlaufes von knapp 37 Grad kontinuierlich bis auf 34,1 Grad ab.

Um die Messgenauigkeit der Herzfrequenz feststellen zu können, koppelte ich den One via Bluetooth Smart mit meinem Polar M400 und verglich die Daten mit jenen, die ich zeitgleich vom Polar H7 Brustsensor in Verbindung mit dem Polar A360 aufzeichnen ließ.

Die Ergebnisse sind in meinen Augen leider nicht zufriedenstellend. Zwar stimmten die angezeigten Werte bei sporadischen Kontrollen überwiegend überein, doch kam es auch sehr häufig zu z. T. extremen Abweichungen. Dabei konnte ich nicht einmal eine klare Tendenz ausmachen, denn mal wichen die erfassten Werte des One nach oben, mal nach unten ab (siehe Grafiken unten). Die Abweichungen waren m. E. aber definitiv zu gravierend, um sie noch im Toleranzbereich verorten zu können.

Zwar versicherte mir der Support, dass sie in ihren Tests zu sehr präzisen Messergebnissen kämen und untermauerte dies mit einer eigenen Messgrafik, allerdings lag die Herzfrequenz der Testperson dabei auch zwischen 120 – 140 Schlägen, während sich meine unter Anstrengung i. d. R. zwischen 160 – 180 Schlägen bewegt. Es ist bekannt, dass die Präzision optischer Sensoren mit steigender Trainingsintensität abnimmt.

Cosinuss One Herzfrequenz im Vergleich zu Polar H7
Die blaue, deutlich unruhigere Herzlinie wurde vom Cosinuss One, die rote vom Polar H7 aufgezeichnet.
Cosinuss One Herzfrequenz im Vergleich zu Polar H7
Mit der Zeit wurden die Messwerte des Cosinuss One immer ungenauer oder die Messungen setzten plötzlich ganz aus, wie hier (blaue Linie) während meines letzten Testlaufs.
Cosinuss One Herzfrequenz im Vergleich zu Polar H7
Die Collage zeigt jeweils zwei Messwerte zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vergleich. Die Messdaten des Cosinuss One sind jeweils unten, die des H7 darüber aufgeführt. Am ersten Referenzpunkt erfasst der Cosinuss One 11 Herzschläge zu viel, beim zweiten Referenzpunkt sind es dagegen 9 zu wenig.

Fazit

In meiner zweimonatigen Testphase konnte mich der Cosinuss One leider nicht überzeugen. Er trägt sich zwar recht angenehm, liefert aber m. E. viel zu ungenaue Messergebnisse. Außerdem schränkt der One den Nutzer sehr ein, da man sich bei jedem Lauf zwischen dem Tragen des One und dem Tragen von Kopfhörern entscheiden muss. Pulsmessung oder Musikhören, beides geht nicht.

Ein weiteres Totschlagargument, ist der relativ hohe Preis. Bei Amazon kostet der Cosinuss One satte 150 Euro, Cosinuss selbst hat den Preis im eigenen Shop mittlerweile auf 99 Euro reduziert. Damit ist der One aber noch immer fast doppelt so teuer wie der Polar H7 Brustsensor. Letztgenannter liefert aber auch deutlich präziserer Messwerte und der Nutzer muss nicht auf das Musikhören verzichten.

Neben Brustsensoren, zähle ich auch Activity Tracker (z. B. Polar A360, Fitbit Charge 2), GPS-Sportuhren, Smartwatches und Ohrhörer/Earbuds (z. B. Jabra Pulse, Samsung Gear IconX, Bragi The Dash) mit integriertem Pulssensor zu den direkten Konkurrenzprodukten. Im Gegensatz zum Cosinuss One bieten aber alle aufgezählten Produkte neben der optischen Messung der Herzfrequenz noch weitere Funktionen. Der One ist dagegen auf das Erfassen von Vitalparametern beschränkt.

Aus diesen Gründen kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt daher leider keine Empfehlung für den Cosinuss One aussprechen. Ich möchte gar behaupten, dass der Sensor in seiner jetzigen Form, mit dem limitierten Funktionsumfang, keine Chance auf dem hart umkämpften Wearablemarkt hat.

Abschließend sollte ich vielleicht noch anmerken, dass keiner der beiden mir zugesendeten Testsensoren die zweimonatige Testphase überlebt hat. Zunächst ließen sie sich kaum mehr ausschalten, mittlerweile kann ich sie gar nicht mehr einschalten. Womöglich hat mein alienblutgleicher Schweiß – der bereits zahlreiche Mikrofone angeblich schweißresistenter Headsets zerstört hat – wieder zugeschlagen.

 

Produkttyp Optischer Pulssensor
Konnektivität Bluetooth Low Energy & ANT+
Ausstattung Ohr-Sensor, USB-Ladekabel, Aufbewahrungstasche
Gewicht 6 Gramm
Preis 99 Euro (Stand: Oktober 2016)

Pros

  • Tragekomfort
  • kabellos

Cons

  • nicht intuitiv nutzbar (Größe & Signalqualität)
  • inakkurate Pulsmessung
  • inakkurate Körpertemperaturmessung
  • kein gleichzeitiges Tragen von Kopfhörern möglich
  • unzuverlässig
  • nicht wasserdicht
  • schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis

Gesamtnote

5,0

2 Kommentare

  1. Hallo Sascha,
    vielen Dank für deinen sehr ausführlichen Test und den anschließenden Erfahrungsbericht. Mir geht es ähnlich wie dir. Auch ich habe den Cos. One seit ca. 3 Monaten im Einsatz und bin nicht zufrieden.
    Bei mir verändern sich die Daten der HZF-Messung ständig. Fotos der entsprechenden Diagramme habe ich auch an den Hersteller geschickt….leider noch keine zufriedenstellend Antwort erhalten.
    Teilweise bricht die HZF unvermittelt auf die Hälfte zusammen oder sinkt ganz auf Null ab. Selbst beim Fitnesstraining in der Halle oder beim Spinning mit wenig ruckartigen Bewegungen verändert sich plötzlich der Puls bis zum Abbruch der Messung.
    Mich würde interessieren, wie du mit dem Hersteller verblieben bist.
    Meiner Ansicht nach liegt hier ganz klar „das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft vor“. Somit kann der Kaufvertrag rückabgewickelt werden. Was hast Du mit dem Hersteller vereinbart?
    Gruß
    Reiner Loss, Sottrum

    1. Hallo Reiner,
      da es sich in meinem Fall nur um Testgeräte handelte, bestand das Problem einer Erstattung nicht. Eigentlich wollte man mich aber über die Ergebnisse der Fehleranalyse informieren, immerhin waren beide Testgeräte am Ende funktionsuntüchtig. Das ist leider noch nicht geschehen. Ich gehe allerdings auch davon aus, dass Cosinuss da noch viel, viel Arbeit reinstecken muss.

      Sie machen sehr vollmundige Versprechungen und versprechen sogar eine ebenso präzise Messung wie mit Brustgurten. Nach meinen Tests halte ich das jedoch für völlig utopisch. Insofern würde es mich auch stark wundern, wenn Cosinuss deinem Wunsch nach einer Erstattung nicht nachkommen würde.

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