Im letzten Blogpost habe ich mich bereits mit smarten Körperwaagen beschäftigt und erläutert, warum sie mich lange Zeit nicht ansprachen. Das änderte sich aber, als ich die Nokia Body Cardio am Black Friday zu einem unschlagbaren Preis entdeckte.
Da die klassischen Körperanalysefunktionen von Körperwaagen – wie im letzten Blogpost erläutert – nicht nur unzuverlässig sind, sondern sich auch lediglich auf die Beine beziehen, legte ich nie großen Wert auf diese Funktionen. Die Nokia Body Cardio verfügte jedoch über ein Alleinstellungsmerkmal. Sie war in der Lage, die Pulswellengeschwindigkeit zu messen.
Pulswellengeschwindigkeit als Killerfeature
Zugegeben, ich hatte zuvor noch nie etwas über die Pulswellengeschwindigkeit (PWG) gehört, aber nun da ich mich darüber informierte, klang es ganz interessant. Die PWG ist ein physiologischer Parameter, der das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall präziser bestimmen kann als klassische Parameter wie Blutdruck, Alter oder Cholesterin (Vgl. visomat.de). Man könnte also sagen, die PWG ist ein Indikator für die Gesundheit von Herz und Arterien und kann zur Beurteilung von kardiovaskulären Risikofaktoren herangezogen werden.
Am Black Friday war die gut 180 Euro teure Nokia Body Cardio dann für schlappe 109 Euro im Sale. Obendrein gab es noch ein 30-tägiges Rückgaberecht. Also, warum es nicht einfach mal ausprobieren? Im schlimmsten Fall ist die Waage das Geld nicht wert, ich schreibe ein negatives Review und schicke sie dann wieder zurück.
Verarbeitung, Design, Setup und Inbetriebnahme
Das Erste was auffällt, ist das Gewicht. Die Nokia Body Cardio ist ziemlich schwer für eine Waage. Vor allem, wenn man damit rechnete, das Paket beim Fahrradfahren mühelos unter den Arm klemmen zu können. Doch das soll hier nicht weiter ins Gewicht fallen (schlechtes Wortspiel beabsichtigt).
Optisch besticht sie mit einer edlen Glasoberfläche und einem schicken Aluminiumboden, der auf jedem Untergrund (Teppich, Fliesen, Holz) einen guten Stand findet. Das Ganze verpackt in einem sehr schlanken Design. Die Batterie ist fest verbaut und kann mittels USB-Kabel aufgeladen werden. Laut Hersteller hält die Waage mit einer Batterieladung bis zu einem Jahr durch. Insgesamt wirkt die Nokia Body Cardio edel und hochwertig verarbeitet.
Die Einrichtung der Waage funktioniert kinderleicht und ist in wenigen Augenblicken abgeschlossen. Einfach die kostenlose Nokia Health Mate App laden, den einzigen physischen Knopf an der Waage drücken und schon kann die Waage mit der App und dem hauseigenen WLAN verbunden und konfiguriert werden. Wer mag, kann auch festlegen, welche Parameter die Waage messen bzw. anzeigen soll und in welcher Reihenfolge.
Probleme mit der Puls- und PWG-Messung
Nach der ersten Gewichtsmessung am Tag der Inbetriebnahme, wurde das Wiegen schnell zum allmorgendlichen Ritual. Neben Gewicht, Knochenmasse, Puls, Fett-, Muskel- und Wasseranteil ließ ich mir auch immer den lokalen Wetterbericht anzeigen. Bei meiner fünften Gewichtsmessung wurde mir dann erstmals die Pulswellengeschwindigkeit angezeigt. Wie erhofft, ach was sage ich, wie erwartet lag sie im optimalen Bereich! Da haben sich die 109 Euro doch bezahlt gemacht.
Doch Spaß bei Seite. Grundsätzlich war ich sehr zufrieden mit meinem Kauf. Aber immer häufiger konnte die Waage meinen Puls und die PWG nicht mehr erfassen. Nach sekundenlangem Warten erschien wieder und wieder statt der Anzahl der Herzschläge ein X auf dem Bildschirm. Und zwar ohne erkennbaren Grund. Ob ich nun die Waage kurz vor dem Wiegen entstaubte, mit einem feuchten Tuch abwischte, meine Füße extra wusch oder selbige mit einem Handtuch trocken abrieb, es änderte nichts am Ergebnis. Gefühlt konnte in 80 Prozent der Fälle keine Messung von Puls und PWG vorgenommen werden. Das Killerfeature killte sozusagen das Nutzererlebnis.
Ende Januar kündigte Nokia dann in einer Mail an, die Funktion der PWG-Messung in Kürze per Zwangsupdate von der Body Cardio Waage zu entfernen. Die Erklärung dafür war sehr nebulös. „Nach einer routinemäßigen Ãœberprüfung sind wir zu dem Schluss gelangt, dass diese Funktion eventuell eine andere Art der behördlichen Zulassung erfordert.“
Über die genauen Hintergründe kann man nur spekulieren. Wenn ich aber an die anderen Analyseparameter denke, kann ich mir durchaus vorstellen, dass auch die Messung der PWG an Präzision zu wünschen übrig ließ und deshalb möglicherweise nicht als Indikator für die Herzgesundheit beworben werden darf.
Schwächen auch bei anderen Körperanalysefunktionen
Apropos Messungenauigkeiten. Mein Körperfettanteil lag anfangs angeblich bei 15,6 Prozent. Das würde ich so (für den Gesamtkörperfettanteil) schon unterschreiben, aber mit der Wahrheit hat das vermutlich nicht allzu viel zu tun. Nach einigen Messungen fiel der Wert dann sogar plötzlich auf 7,2 Prozent und am Ende lag er dann bei nur noch 5,7 Prozent. Jawoll! Man könnte meinen, ich wäre so leptosom wie ein äthiopischer Langstreckenläufer, doch die Bilder auf diesem Blog strafen die Waage eindeutig lügen.
Natürlich war ich mir der Unzulänglichkeiten dieser Analysefunktionen von vornherein bewusst und sie spielten bei meiner Kaufentscheidung auch nie eine Rolle. Aber nun, da Nokia auch noch die PWG-Messung entfernt hatte, blieb nur noch die Pulsmessung als Alleinstellungsmerkmal der Body Cardio übrig. Interessanterweise funktionierte die Pulsmessung nach dem Update nun recht zuverlässig. Aber was interessiert mich eigentlich mein Puls beim Wiegen? Ich trage von früh bis spät meine Apple Watch, die meinen Herzschlag praktisch rund um die Uhr überwacht. Da ist die Pulsmessung beim Wiegen bestenfalls überflüssig.
Als Entschädigung für die entfernte Funktion bot Nokia Käufern der Body Cardio entweder eine Rückgabe mit Erstattung des Kaufpreises oder einen Gutschein für den Nokia Health Store über 30 Euro an. Ich überlegte lange, zumal mir die Waage an sich auch weiterhin gut gefiel. Aber wenn es die Messung der PWG nicht mehr gibt, ich die Pulsmessung ohnehin als überflüssig erachte und auch auf die Körperanalysefunktionen gut verzichten kann, warum sollte ich dann die teure Nokia Body Cardio behalten, wenn auch das Basismodell Nokia Body meine Bedürfnisse erfüllt? Und zwar zu einem Bruchteil des Preises der Premiumwaage.
Health Mate App
Die Nokia Health Mate App wird zur Einrichtung und Konfiguration der Waage benötigt. Anschließend kann man sie zwar als bevorzugte Gesundheits-App nutzen, wird dazu aber nicht gezwungen. Die Nokia Waagen synchronisieren die Messdaten nämlich auch völlig unabhängig von Smartphone und App via WLAN. Die Health Mate App kann die Daten dann ggf. in andere Apps übertragen. Laut Nokia sind mehr als 100 Apps mit dem Nokia-Ökosystem kompatibel, darunter u. a. Apple Health, Google Fit, MyFitnessPal und Runkeeper.
Die Health Mate App ist meines Erachtens kein großes Highlight, aber ich würde sie auch nicht unbedingt als schlecht bezeichnen. Das In-App-Programm „Better Body“ enthält sogar einige sehr nützliche Hinweise und Informationen. Mir war z. B. durchaus bewusst, dass das Gewicht täglich etwas schwanken kann, aber dass es bis zu 3 Kilogramm variieren kann, war mir neu. Um diese Schwankungen möglichst gering zu halten, wird empfohlen, sich stets zur gleichen Uhrzeit (am besten morgens direkt nach der Morgentoilette) zu wiegen.
Fazit
Nach der Schilderung der Ereignisse mag mein Gesamturteil vielleicht etwas überraschen, aber im Grunde hat mich die Nokia Body Cardio doch überzeugt. Sie schaut schick aus und ist kinderleicht zu bedienen. Mir gefällt es auch, dass ich die Waage zwar aktiv mit der verbundenen Health Mate App nutzen kann, dazu aber keineswegs gezwungen werde.
Bei jedem Wiegen wird die Entwicklung der letzten sieben Gewichtsmessungen auf dem Display grafisch dargestellt (siehe Titelbild). Darüber hinaus zeigt die Waage auch die Veränderung zur letzten Messung an. Dabei spielt es keine Rolle, wo sich das Smartphone während der Messung befindet. Die Waage synchronisiert die Daten ganz einfach und unkompliziert per WLAN.
Das ist äußerst nutzerfreundlich und funktioniert natürlich auch bei mehreren Nutzern. Die Daten werden nur mit dem jeweiligen Nutzerkonto synchronisiert. Sofern der Administrator der Waage also beim Messvorgang nicht selbst anwesend ist, erfährt er auch nichts über die Daten der anderen Mitbenutzer.
Die Nokia Body Cardio war mein erster Kontakt mit einer smarten Körperwaage und ich muss gestehen, dass sie mich überzeugt hat. Mein Gewicht ist nun stets aktuell in der Apple Health App vermerkt. Auf dieser Basis können mein täglicher Kalorienverbrauch sowie meine Aktivitätskalorien so exakt wie nur irgend möglich berechnet werden. Außerdem habe ich mein Gewicht nun immer im Blick und kann dementsprechend erkennen, welche Gewohnheiten mein Gewicht wie beeinflussen.
Ob das Gesamtpaket 109 Euro wert ist, darf sicherlich bezweifelt werden. Und bei diesem Preis handelt es sich schon um einen stark reduzierten Aktionsspreis. Selbst nach Entfernung der PWG-Messung wurde die Nokia Body Cardio bisher nicht mehr so günstig angeboten. Wer auf ein gutes Angebot hofft, der sollte vielleicht in diesen Tagen mal im Nokia Health Store vorbeischauen. Noch bis einschließlich 25. März bietet Nokia seine Waagen zu reduzierten Preisen an. Die Body Cardio kostet statt 179,95 Euro aktuell 129,95 Euro, die Nokia Body+ ist vergünstigt für 79,95 Euro erhältlich und das Basismodell Body kostet zu Zeit 49,95 Euro.
Ich habe indes von meinem Sonderrückgaberecht Gebrauch gemacht und bin vom Premiummodell auf das Basismodell umgestiegen. Klar muss man bei diesem Downgrade in puncto Design und Verarbeitung gewisse Abstriche machen, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei der Nokia Body aber meines Erachtens dennoch deutlich besser.
Produkttyp | Smarte Körperanalysewaage |
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Maße | 32,7 cm x 32,5 cm x 2,3 cm |
Displaygröße | 6 cm x 4 cm mit 128 x 64 Pixeln |
Kompatibilität | iOS 8 oder neuer, Android 5.0 oder neuer, über 100 Apps |
Preis | ca. 179 Euro (Stand: März 2018) |
Pros
- edles Design
- gute Verarbeitung
- einfache Einrichtung und Konfiguration
- intuitive Bedienung
Cons
- ungenaue Körperanalysewerte
- schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis
Gesamtnote
3,0